In der Diskussion um einen Pflege-Tarifvertrag, der als allgemeingültig erklärt werden sollte, sieht der Caritasverband Recklinghausen gute Gründe für eine Ablehnung durch die Arbeitsrechtliche Kommission ihres Verbandes. Und sieht sich im Übrigen auch in einem Boot mit der Diakonie, für die die gleichen Tarife gelten: Die Caritas und Diakonie setzen sich seit Jahren für eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege ein. "Da sehen wir in dem vom BVAP und Verdi verhandelten Entwurf keine wesentliche Verbesserung und halten dies für den falschen Ansatz", erklärt Caritas-Vorstand Christoph Kortenjann.
BVAP und Verdi zusammen verträten mit rund 70.000 Mitgliedern nur einen kleinen Teil der 1,2 Millionen in der Altenpflege beschäftigten Mitarbeitenden, so Kortenjann. Für sie sei ein Tarifvertrag verhandelt worden, der nicht nur in der Vergütung sondern vor allem bei weiteren Bedingungen weit unter dem Tarif bleibe, der für die Caritas-und Diakonie Beschäftigten gelte. Vor allem fehlen Aussagen zu Zulagen, Arbeitszeit, Schichtarbeit sowie zur betrieblichen Altersversorgung und Zeitzuschlägen.
Einem Tarifvertrag zustimmen zu sollen, der für alle gelten soll, aber deutlich schlechtere Bedingungen bietet, mache aus Sicht der Caritas keinen Sinn, sagt die Caritas-Vorstand. Nicht sofort aber mittelfristig wäre damit zu rechnen, dass sich die Kostenträger bei Verhandlung der Pflegesätze oder Belegung der Plätze an dem niedrigeren Niveau orientieren und die Caritas ihre besseren Tarife nicht mehr refinanzieren könnte.
Nicht die Caritas sei dafür verantwortlich, dass Mitarbeitende in der Pflege teilweise auf Mindestlohn-Niveau vergütet würden. Es stehe jedem Arbeitgeber frei, sie fair zu entlohnen und damit die gerade in der Pandemie zu Recht erhobene Forderung zu erfüllen, dem Applaus bessere Bedingungen folgen zu lassen. Auch wenn der Tarifvertrag jetzt nicht als allgemeingültig erklärt werden könne, könne er von BVAP und Verdi für ihre Mitglieder umgesetzt werden.
Unabhängig davon werde sich die Caritas wie seit Jahren auf verschiedenen Ebenen dafür einsetzen, dass "für alle Beschäftigten in der Pflege in Deutschland eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen erreicht wird", erklärt Kortenjann. So wie sie für die 630 Mitarbeitenden der Caritas Recklinghausen in ihren Altenheimen und ambulanten Pflegediensten bereits gelten und weiter verbessert werden sollen.
"Wir teilen die Sorge der Caritas-Arbeitgeber, dass bei einer zukünftigen Pflegereform die Refinanzierung der höheren kirchlichen Tarife nicht mehr sichergestellt sind und auf das Niveau des allgemeinverbindlichen Pflegevertrags zurückfallen", so Diakonie-Geschäftsführer Dr. Dietmar Kehlbreier: "Insofern ist es richtig, dass der Bundesarbeitsminister die Pflege-Mindestlohnkommission einberufen hat, damit die nicht-tarifgebundenen Träger zur Zahlung besserer Gehälter gezwungen werden." Die Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen ist Trägerin von drei Alten-, Wohn- und Pflegeheimen und bietet in sechs Städten ambulante Pflege an.