Das Leben erfolgreich zu meistern ist nicht immer einfach. Die zahlreichen Herausforderungen des Lebens sind schon für gesunde Menschen oftmals schwierig zu bewältigen. Für erkrankte Menschen scheinen viele Lebensaufgaben schlichtweg unerfüllbar. So auch für Anja*, die aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung jeden Tag mit seelischen Problemen zu kämpfen hat, die ihr tägliches Leben stark beeinträchtigen.
Seit 2012 ist die junge Frau Klientin des Ambulant betreuten Wohnens des Caritasverbands für die Stadt Recklinghausen. "Damals hat mir die Psychiaterin in der Notfallambulanz dazu geraten", erinnert sie sich." Seit rund zehn Jahren wird sie von Diplom-Pädagogin Claudia Du Maire, Mitarbeiterin des Ambulant betreuten Wohnens, begleitet.
Professionelle Unterstützung
Ein bis zwei Mal wöchentlich braucht Anja für rund zwei Stunden professionelle Unterstützung, um in ihrem Alltag zurechtzukommen. "Das fängt an bei somatischen Arztbesuchen, wie Zahnarztbesuchen", erklärt Anja. Denn vor Ärzten habe sie Angst. Aber auch einkaufen, spazieren oder schwimmen zu gehen ist für sie ohne Begleitperson kaum oder nur ganz schwer möglich.
Dazu kommt ihr Bedürfnis nach Gesprächen. Nach einer Vertrauensperson, bei der sie sich sicher fühlen kann. "Frau Du Maire ist mein professioneller Familienersatz", fasst Anja zusammen. "Ich fühle mich oft einsam und bin viel allein, Familie und Freunde habe ich auch nicht. Frau Du Maire ist mein Anker, sie kennt mich am besten und ich kann ihr alles erzählen."
Seelisch verwundbar
Oberflächlich betrachtet macht Anja einen unauffälligen, durchaus gesunden Eindruck. Dass Anja auf Grund dessen häufig überschätzt wird, ist aber gleichzeitig auch ein Problem. "Menschen haben Erwartungen an sie, auch im Berufsumfeld und was ihre Arbeitsfähigkeit betrifft", erklärt Claudia Du Maire. Um die sei es nämlich gar nicht gut bestellt: Aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung sei Anja seelisch nicht belastbar.
"Ich neige zu extremen Gefühlen, zu Ängsten und Wut", erklärt Anja. Wie unter einer Lupe nehme sie Belastungen und Negatives verstärkt wahr, aus ihrer Perspektive ist die Welt oft ein unsicherer, fast schon gefährlicher Ort." Die Depressionen, die daraus entstehen, haben sie in ihrer Vergangenheit nahezu lebensunfähig gemacht. "Allein der Haushalt hat mich völlig überfordert. Und meine sozialen Beziehungen waren toxisch und belastend."
Gewaltige Fortschritte
In den letzten zehn Jahren hat sie jedoch gewaltige Fortschritte gemacht: Sie arbeitet ehrenamtlich bei einem Mittagstisch und geht damit nicht nur einer sinnvollen Beschäftigung nach, sondern nimmt am sozialen Leben teil. Den Haushalt kann sie allein bewältigen und einen Freund, der ihr guttut, hat sie auch gefunden." Dennoch ist es noch ein langer Weg in die sogenannte Normalität, die sie sich wünscht.
"Ich würde gern arbeiten, zumindest stundenweise. Soziale Kontakte wären auch toll. Meine Narben, die von meinen Selbstverletzungen zeugen, würde ich gern entfernen lassen. Und der größte Wunsch, den ich habe, ist endlich inneren Frieden zu finden. Nicht ständig mit meinen negativen Gedanken und Gefühlen kämpfen zu müssen. Mir dauernd Sorgen zu machen und mich zu ängstigen. Sondern mir endlich eine Pause zu gönnen. Das wäre schön!".
Die Aufgaben des Ambulant betreuten Wohnens:
Das Angebot des Ambulant betreuten Wohnens richtet sich an Suchtkranke und psychisch kranke Menschen, die allein oder mit ihren Partnern und Familien in einer privaten Wohnung leben. Die professionelle Unterstützung durch Sozialarbeiter soll unter anderem die allgemeine Lebensqualität der Klienten verbessern, Klinik- und/oder Heimaufenthalte vermeiden und zur Integration der Menschen in die Gesellschaft beitragen. Zu den Angeboten gehören zum Beispiel ganz lebenspraktische Hilfen, wie die Strukturierung des Alltags oder Begleitung zu Arztterminen. Aber auch Hilfen zur Sicherung der materiellen Existenz, der Wohnungssicherung, im Behördenkontakt oder bei der Eingliederung ins Erwerbsleben. Dazu gibt es regelmäßige persönliche Kontakte, gemeinsame Freizeitaktivitäten oder auch Gespräche mit Angehörigen. Betreut werden nur Klienten, denen eine Suchterkrankung oder psychische Erkrankung ärztlich attestiert wurde und die außerhalb einer Einrichtung leben.