Ab sofort unterstützen sich daher die Mitarbeiter im Caritasverband der Stadt Recklinghausen gegenseitig in ihrer Arbeit.
So helfen derzeit zwei junge Frauen im Caritashaus St. Michael aus, wo jede Hand dringender denn je gebraucht wird und der Kontakt zur Außenwelt und den Angehörigen derzeit nicht möglich ist. Dana Katzorowski (Foto), angehende Heilerziehungspflegerin und Erzieherin Kim-Kristin Schmitz betreuen hier Senioren mit Demenz und unterstützen damit den Sozialen Dienst. Denn die beiden Caritas-Familienzentren St. Franziskus und St. Christophorus, in denen sie normalerweise arbeiten, sind für den öffentlichen Publikumsverkehr geschlossen und halten lediglich eine Notbetreuung vor.
Kommt mir bekannt vor...
22 Jahre jung ist Kim-Kristin Schmitz und seit November im Familienzentrum St. Christophorus. "Es gibt schon Parallelen", schmunzelt die junge Frau. "Einige Spiele, die ich hier mit den Bewohnern spiele, könnte ich auch mit den Kindern machen." Freiwillig gemeldet hatte sich die Erzieherin, um im Seniorenheim dem Sozialen Dienst unter die Arme zu greifen. Und hat es noch keinen Tag bereut: "Ich wurde hier super von den Kollegen des Sozialen Dienst angeleitet und aufgenommen. Es macht mir total viel Spaß und ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben", berichtet sie.
"Anfangs war es aber schon eine große Umstellung, sehr fremd und unbekannt. Aber ich habe jetzt schon sehr viel gelernt, was ich auch in meine eigentliche Arbeit mitnehmen kann. Zum Beispiel, wie wichtig es ist, ältere Menschen und Kinder zusammenzubringen. Oder eben das eine oder andere ‚neue‘ Bewegungsspiel." Auch persönlich empfindet sie den Ausflug ins Seniorenheim als wertvolle Erfahrung: "Einfach mal woanders reinschnuppern und Neues lernen."
Ihre Chefin Kerstin Guth unterstützt das Ganze aus vollem Herzen: "Natürlich fehlt uns die Mitarbeiterin in unserer Einrichtung. Wir haben auch keine Langeweile und einen Tag mussten wir die Kollegin auch zurückholen. Aber ich finde es absolut richtig und wichtig, dass die Senioren betreut werden. Vor allem wenn sie von Demenz betroffen sind und derzeit ihre Angehörigen nicht sehen dürfen."
Hoher Krankenstand
Der personelle Notstand war zwischenzeitlich groß im St. Michael. Nicht allein wegen des Corona-Virus. "Zwischenzeitlich waren 20 Kollegen krank. Auch, weil sie aus dem Urlaub in Risikoländern zurückgekehrt waren und erstmal in Quarantäne mussten", erklärt Michaela Havers. Sie leitet die geschlossene Einrichtung, in der Menschen mit Demenz leben und ist dankbar, dass die jungen Kolleginnen aushelfen.
Marie-Theres Till, Leiterin des Sozialen Dienstes freut sich, dass sich die Kolleginnen "auf das Abenteuer Altenhilfe einlassen. Denn es ist ja schon ein Unterschied, ob man alte Menschen oder kleine Kinder betreut." Die Kolleginnen auf Zeit ergänzen den Sozialen Dienst, das heißt, sie gehen mit den Bewohnern spazieren, singen und spielen mit ihnen, lesen ihnen Briefe vor oder übernehmen kleinen hauswirtschaftliche Arbeiten, wie das Falten der Wäsche.
Auch Dana Katzorowski hat sich dazu entschlossen, im Caritashaus St. Michael Senioren zu betreuen. Die 23-Jährige geht mit den Bewohnern spazieren und leistet ihnen Gesellschaft. Mehrere Wochen wird sie insgesamt im Pflegeheim aushelfen. "Die ersten zwei Tage waren schon gewöhnungsbedürftig, schließlich leben hier Menschen mit Demenz. Ich musste die Bewohner erst kennenlernen, Anknüpfungspunkte suchen und erfahren, was sie denn so mögen", erzählt sie.
Flexibel und solidarisch
Dana Katzorowski ist ebenfalls begeistert von der freundlichen und kompetenten Einführung, die sie vom Sozialen Dienst erhalten hat. "Es gibt immer einen Ansprechpartner." Zum Glück habe sie während ihrer Ausbildung das Thema Demenz bereits kennengelernt: "Schließlich gibt es auch ältere behinderte Menschen, die auch an Demenz leiden."
Ihr Vorgesetzter Sebastian Mager freut sich, dass fast alle seine Mitarbeiter bereit sind, den Kollegen zu helfen: "Das zeugt von Flexibilität und Solidarität und der Bereitschaft, neue Erfahrungen zu machen. Allerdings gab es auch Ängste; vor Ansteckung, aber auch die Sorge, selbst Bewohner anzustecken", weiß Sebastian Mager. "Gern würde ich noch mehr Mitarbeiter entsenden, kann sie aber selbst schlecht entbehren, da auch wir einen hohen Krankenstand haben. Außerdem bekommen alle Eltern Aufgabenmappen, damit sie ihre Kinder selbst fördern und wir den Kontakt zu den Familien halten können. Was auch gut funktioniert, wir bekommen viele positive Rückmeldungen."
Bernd Ader, Bereichsleiter Altenhilfe freut sich dennoch über die spontane Hilfe aus den beiden Familienzentren: "Das ist ein gutes Zeichen innerverbandlicher Solidarität. Dafür bin ich den Kollegen sehr dankbar."
Caritasvorstand Beatrix Herweg gibt zu, dass sie anfangs ein wenig Überzeugungsarbeit leisten musste. Umso mehr freut sie sich über die Zusammenarbeit, die über die Einrichtungen hinweg entstanden ist und die die schwierige Notsituation überbrückt hat. "Zudem konnten die Mitarbeiter auch für sich persönlich neue Erfahrungen sammeln. Somit haben alle Seiten profitiert."