Kohle, Kriege & Krisen
Auf Initiative von Papst Franziskus soll das„Jahr der Barmherzigkeit“2016 das „Herz des Evangeliums“ins Bewusstsein rufen. Barmherzigkeit und Caritas gehören zum Kern der Botschaft Jesu –und sie waren im Sommer des Kriegsjahres 1916 Leitgedanke jener Gründerinnen und Gründer, die den Caritasverband für die Stadt Recklinghausen ins Leben riefen. Der Recklinghäuser Historiker und Sozialdezernent Georg Möllers beschreibt die Entwicklung von der Gründung bis 1945.
Übernahmen in mittelalterlichen Städten Bruderschaften, Klöster und Armen-Stiftungen diesen Aufruf des Evangeliums, so waren es im Zeitalter der Industrialisierung zunächst Vereine und Ordensgemeinschaften – so auch in Recklinghausen. Der Aufruf, eine festere Caritasorganisation zu schaffen, kam hier mitten im Weltkrieg, der die Verwerfungen durch die harten Arbeits- und Lebensbedingungen und die Mängel bei der sozialen Infrastruktur angesichts rasch steigender Einwohnerzahlen noch verschärft hatte. Zum Arbeitskräfte- und Transportmangel in der Landwirtschaft – Bauern und Pferde wurden eingezogen; Eisenbahnen für den Truppentransport gebraucht – kam die britische Einfuhrblockade. Bereits im Herbst 1914 setzt der Getreidemangel ein. Missernten verschlimmerten die Lebensmittelverknappung noch dramatisch.
Am 8. Juni 1916 trafen sich 114 Recklinghäuser im Hotel Stahlherm am Markt zur Gründung des Caritasverbandes. Der zunächst gewählte Vorsitzende Hugo Leichter, Leiter des neuen Lyzeums, nahm auch an der Gründungsversammlung des Bistumsverbandes (DCV) am 26. Juli 1916 in Münster teil. Als Ziele der Gründung wurden von Dechant Bernhard Hauschop die Organisation der „Einheitlichkeit der Caritassache“und die Kooperation mit der Stadt hervorgehoben, die durch Oberbürgermeister Heuser u.a. prominent vertreten war.
Damit folgten die Recklinghäuser dem Aufruf der Bischöfe, die „angesichts der großen sozialen Not“ der Kriegszeit zur Bildung gemeinsamer Organisationen aufgerufen hatten. Dazu hatten sie den 1895 in Köln entstandenen „Charitasverband für das katholische Deutschland“ als Vorbild anerkannt. So stellte dessen Generalsekretär Löhr nun auch im Vest ein „Sekretariat“ als „Übersichts-, Beobachtungs-und Auskunftsstelle“ vor. Dieser „Mittelpunkt der Wohlfahrtspflege“ solle zu einer rationalen und optimierten Organisation der Caritas beitragen sowie die Beratungsangebote und finanzielle Unterstützung verbessern.
Die Basis: Das Engagement caritativer Vereine
Ausdrücklich wird bei der CV-Gründung die Sicherung der „Selbständigkeit“ der beteiligten Vereine hervorgehoben. Das Protokoll der Mitgliederversammlung am 15. Oktober 1916 zählt 6 Vinzenz-, 4 Elisabeth- und 2 Mädchenschutzvereine, den Fürsorgeverein, den Frauenbund, 3 Kreuzbünde (Selbstorganisationen für Alkoholkranke) und drei Institutionen (Prosper, Elisabethstift, Waisenhaus) als Teilnehmer auf. Dazu kamen Pfarrgeistliche, Lehrerinnen und Lehrer jeder Gemeinde sowie Repräsentanten der Ärzte-und Richterschaft und des Magistrats.
Älteste Institution war das Prosper-Hospital für mittellose Kranke (1849), das erste Krankenhaus im Vest überhaupt. Hinzu kamen die Süder Einrichtung St. Elisabeth (1903) und das Katholische Waisenhaus (1891). Die ab 1853 zunächst in St. Peter entstandenen Vinzenzvereine arbeiteten unmittelbar für die betreuten Familien – nach dem Grundsatz des Hl. Vinzenz von Paul: „Stell Deine Person ganz in den Dienst der Armen! Pflege ein dauerhaftes Freundschaftsverhältnis zu deinen Schützlingen“. Sie finanzierten die Anschaffung von Ziegen für kinderreiche Familien, gründeten eine Kleiderkammer und organisierten Hausaufgabenhilfen. Ab 1863 folgte mit den nach der Hl. Elisabeth von Thüringen benannten Elisabethvereinen das weibliche Pendant – und dies jeweils in deutlichem Vorsprung vor den neuen Pfarrstrukturen der schnell wachsenden Bergbaustadt.
Ein Netzwerk der ehrenamtlichen Hilfe
Grundlage der ehrenamtlichen Hilfe war ein informelles Netz von Bezirkshelferinnen und Vertrauensleuten anderer kirchlicher Vereine. Sie ermöglichten in den Stadtteilen eine „Früherkennung“sozialer Notlagen. Weitere spezifische karitative Gründungen ergänzten die Arbeit: Der Katholische Mädchenschutzverein (1905) sollte sich angesichts der Mobilität der Bevölkerung junger Zuwanderinnen annehmen, um durch eine vorübergehende Unterkunft –eine solche war bereits 1905 im Waisenhaus entstanden – und eine schnelle Stellenvermittlung den sozialen Abstieg zu verhindern. Ein Fürsorgeverein war 1909 als „Hilfsverein“ für die „offene Fürsorge“ entstanden, um die Unterbringung gefährdeter Jugendlicher und Vormundschaften zu regeln. Während er als Männerfürsorgeverein weitergeführt wurde, der 436 Jungen betreute (1926), entstand im Juni 1917 der Katholische Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder“ (heute: SKF), zu dessen „Geburtshelferinnen“ der 1913 entstandene Frauenbund gehörte. Gemäß der Leitidee „Frauen helfen Frauen“ ging es diesem Verband grundsätzlich darum, die Situation der Frauen zu verbessern und christliches Denken und Handeln in die Gesellschaft zu tragen.
Epoche neuzeitlicher Caritasarbeit
Zu den ersten Maßnahmen im Krieg gehörten der Aufbau von „Volksküchen“ und ein Erholungsaufenthalt von 1.000 unterernährten Kindern im Münsterland. Mit Kaplan Otto Schlüsener (Süd) erhielt der Verband den ersten Sekretär, 1926-1933 Direktor, der auch die Gefängnisseelsorge übernahm. Das neue Caritas-Sekretariat bei St. Peter, Kirchplatz 5, führte mit den Vereinen Kinder-, Jugend- und Behindertenfürsorge sowie die Suchtberatung durch. Es unterhielt Beratungsstellen für Aus- und Zuwanderer, organisierte Kindererholung sowie – zusammen mit den Frauenvereinen – Müttererholungskuren.
Die „Epoche der neuzeitlichen organisierten Caritasarbeit“ ergab sich für Heinrich Weber zwingend aus der „Notwendigkeit der Lösung von Massenproblemen“. Dieser Sozial-, Wirtschafts- und Caritaswissenschaftler stellte nicht nur als Professor in Münster „entscheidende Weichen für die wissenschaftliche Grundlegung der Wohlfahrtspflege“. Als Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes ab 1923 hatte der Priester entscheidenden Anteil „am Aufbau der Organisation der praktischen christlichen Sozialarbeit, der Caritas“. Dabei hatte Weber, wie eine wachsende Zahl sozial engagierter Priester, seine Prägung selbst im Erlebnis des Wandels der Bauernschaft Röllinghausen zur Bergarbeitersiedlung erfahren. Zur Professionalisierung trugen auch die „Caritas-Blätter für das Bistum Münster“bei, die als „Organ des Diözesan-Caritasverbandes und der Fachverbände“ ab 1927 vom Caritasverband in Recklinghausen herausgegeben wurden.
Zur Professionalisierung gehörte auch die enge Zusammenarbeit mit dem Staat, der erst später als die Kirchen tätig geworden und weiterhin auf ihre Unterstützung angewiesen war. Dem noch eher privat-karitativ gebildeten Fürsorgeausschuss 1906 folgte erst 1916 der städtische Zentralunterstützungsausschuss unter Beteiligung der karitativen Vereine. Die Sozialreformen der Republik, wesentlich beeinflusst von christlichen Sozialpolitikern und -politikerinnen wie Agnes Neuhaus (MdR), Dr. Helene Weber (MdR) oder Reichsarbeitsminister Brauns, schufen die Voraussetzungen zur Gründung eines Städtischen Wohlfahrtsamtes 1924. Ihm wurde ein Fürsorgeausschuss mit 26 Mitgliedern, darunter je einem der katholischen, evangelischen und israelitischen Gemeinde sowie vier Vertretern ihrer Wohlfahrtsverbände, zur Seite gestellt. Ähnliches vollzog sich im neuen Jugendamt.
Schwestern als Rückgrat der Caritasarbeit
Darüber hinaus griffen Amt und Stadt Recklinghausen auch bei eigenen Einrichtungen auf kirchliche Kräfte zurück: Das Ansehen, das die Vorsehungsschwestern seit 1891 bei der Arbeit im Katholischen Waisenhaus erworben hatten, veranlassten den Rat 1901, dem Orden die Betreuung des Armenhauses zu übergeben. Der nun „St. Vinzenz-Haus“ genannten Einrichtung konnte 1915 ein Säuglingsheim angefügt werden. Ab 1927 wurden die hier 1919 begonnene Ausbildung von Säuglings-und Kleinkinderpflegerinnen staatlich anerkannt. Ab 1930 (-1994) leitete der Orden auch das Städtische Altenheim Grullbad, nachdem Clemensschwestern bereits seit 1921 (-1988) im Versorgungsheim Hochlar arbeiteten. Tatsächlich wäre die Sozialarbeit ohne das Entstehen der großen Frauenorden nicht denkbar gewesen. Die Neugründungen im Bistum Münster mit jeweils 2.600 bis 3.500 Mitgliedern machten auch das Gros der bis zu 24 Schwesterngemeinschaften (1930) in Recklinghausen aus. Diese karitativen Ordensgründungen für Erziehungs- und Sozialarbeit waren unmittelbar religiös motivierte Reaktionen auf die sozialen Umbrüche des 19. Jahrhunderts.
Die Clemensschwestern waren seit ihrem Einzug 1849 in der Krankenpflege im Prosper nicht nur die erste, sondern mit bis zu 56 Mitgliedern auch die größte Gruppe. Seit 1921 übernahmen sie mit jeweils fünf bis sieben Schwestern auch die Altenpflege in Hochlar und im St. Anna-Heim/ Schipper-Stift an der Petruskirche. Bis zu 40 Franziskanerinnen aus Mauritz arbeiteten im Krankenhaus Elisabeth-Stift in Süd. Die stadtweit meisten Niederlassungen stellten die Vorsehungsschwestern: Sie waren außer in den oben erwähnten „Anstalten“mit 6 Häusern in neu entstandenen Wohnquartieren vertreten.
So zählte der „Caritas-Führer 1926“ unter den 170 Hauptamtlichen 149 Ordensfrauen in Institutionen (davon 56 im Prosper, 26 im Elisabethstift) und Stadtteilen als Rückgrat der Arbeit auf; hinzu kamen 7 Schwestern von der Familienhilfe. In etwas mehr als zwei Jahrzehnten entstanden „Caritashäuser“ in Suderwich (1904), Grullbad (1924) und Hochlarmark (1925) sowie Paulus- (1913), Marien- (1911), Gertrudis- (1920) und Liebfrauenstift (1921) und die ausdrücklich Schwesternhäuser genannten Niederlassungen in Hochlar (1910) und König Ludwig (1910), in denen jeweils vier bis sechs Nonnen u.a. die Kindergärten und Handarbeitsschulen leiteten. Weitere Einrichtungen waren im Canisiusheim (1926) und an der Merveldtstraße entstanden; 1927 kam das neue Schwesternhaus in Stuckenbusch hinzu.
Auf Initiative des CV entstand 1922 als „eines der einschneidendsten Werke der Wohlfahrtspflege überhaupt“, so Albin Ortmann, Mitglied im CV-Verbandsausschuss, „die katholische Familienpflege vom III. Orden des Hl. Franziskus“. Ortmann gehörte zur großen Gruppe sozial engagierter Lehrer. Die Schwestern der 1918 in Essen gegründeten Laienbewegung leisteten allein in den ersten acht Monaten in Recklinghausen 1.012 Pflegetage, 232 Nachtwachen in 100 Familien; und im Mai 1920 waren die inzwischen sechs Schwestern „ohne Unterbrechung zum Teil Tag und Nacht tätig, und doch können sie der sich häufenden Anträge ... nicht mehr Herr werden“, wie es in einem Caritasbericht heißt. Bis zu 70 Prozent der versorgten Familien mussten wegen ihrer Armut unentgeltlich betreut werden. Im Jahr 1932 (-1978) übernahmen die Schwestern auch den Neubau des Armen-Gasthauses, der nun als Altenheim errichtet worden war. Der Caritasverband zehn Jahre nach der GründungDas CV-Sekretariat war mit 5 Personen besetzt. Zentral waren z.B. eine Sterbevorsorge-Versicherung, 556 Stellenvermittlungen, die Auswanderer- (68 Fälle) und Blindenfürsorge (30 Blinde) organisiert. Eine Besonderheit war, dass der Caritasverband zwischen 1924 und 1933 auch als Herausgeber der „katholischen Kirchenzeitung“für 57 Pfarreien im Vest, im Münsterland und am Niederrhein (Auflage: 40.000) fungierte. Hinzu kamen 6 hauptamtliche Fürsorger(innen) des Mädchenschutzvereins sowie des Frauen- und des Männerfürsorgevereins. 1926 vermittelten die Büros des Mädchenschutzvereins im Waisenhaus, dem Süder Marienstift und in König Ludwig 1.010 Stellen. Die 20 ehrenamtlichen Helfer der aus dieser Arbeit am 20. April 1927 gegründetenBahnhofsmission boten im Gründungsjahr 36 Mädchen Nachtlogis. Die CV-Bilanz 1926 zählte in Recklinghausen bei 88.000 Einwohnern 14.443 hilfsbedürftige Menschen, darunter 6.505 stationär Kranke, 1.471 ambulant betreute Kranke (14.808 Pflegetage), 1.750 Kinder im Waisenhaus, in den Kindergärten und Handarbeitsschulen und 4.710 „Hilfesuchende aller Art“. Dazu zählten z.B. die 1.814 Kinder und Jugendliche, die von den beiden Fürsorgevereinen betreut wurden, und die 1.010 jungen Frauen beim Mädchenschutzverein. Dabei ist die rein ehrenamtlich organisierte Arbeit der 12 Elisabeth- und Vinzenzvereine statistisch noch nicht einmal enthalten. Zu den weiteren Institutionen zählte der CV das Katholische Gesellenhaus/Kolpinghaus mit Hospiz (60 Betten für durchreisende Wandergesellen), das St. Annaheim, Friedhofstr. 1, und das Albertus-Kolleg im Caritashaus Suderwich. Hier war das erste katholischen Institut für Heilpädagogik und die Erziehung für psychisch erkrankte Schüler entstanden. Im Jahr 1928 veröffentliche der für den Wohlfahrtsbereich zuständige Stadtrat Josef Dünnebacke, selbst Gründungs-und langjähriges Vorstandsmitglieds des Caritasverbandes, einen offiziellen Überblick über die „öffentliche Wohlfahrtspflege mit weitgehendster Unterstützung durch die privaten Wohlfahrtsorganisationen“. Er macht deutlich, dass die damals vorhandenen Sozialeinrichtungen weitgehend auf Initiativen der Caritasorganisationen beruhten, die ein Unterstützungsnetz bis in die Stadtteile aufgebaut hatten. Hinzu kamen Einrichtungen der 1926 gegründeten evangelischen Inneren Mission. 1929 übernahm der CV mit der Errichtung der Wandererarbeitsstätte Christophorushaus an der Werkstättenstraße zusätzlich die Obdachlosenfürsorge der Stadt, die zuletzt die ehemalige Seuchenbaracke auf der Hillerheide dafür genutzt hatte. 1932 wurde hier 13.838 Wanderarbeiter, Durchreisende, Nichtsesshafte und Obdachlose aufgenommen. Rückschläge in der Zeit des Nationalsozialismus Zwar vermitteln die Jahresberichte der Vereine Mitte der 30er Jahre noch eindrucksvolle Initiativen: 1934 unterstützten 259 Mitglieder der 12 Elisabethvereine 1.468 Familien und 655 Einzelpersonen und verteilten 4.378 Mittagessen an Kranke und Wöchnerinnen. 165 Vinzenzbrüder in inzwischen zehn Vereinen betreuten 1.744 Haushalte und täglich 320 Kinder in Familien. Dies konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die NSDAP mit ihrem ideologischen und organisatorischem Totalitätsanspruch vor den Sozialeinrichtungen der Kirchen nicht Halt machte. Engagierte CV-Gründungsmitglieder wie Josef Dünnebacke und Albin Ortmann waren bereits 1933/34 beruflich entlassen worden. Parteiführer hatten schon früh mit Schikanen begonnen: So war 1935 Pfarrer Stewering (St. Michael) die Verteilung von Brot an Bedürftige (ca. 30 Brote wöchentlich) wegen der „Beeinträchtigung der NSV-Arbeit“untersagt worden. Der systematische Verdrängungspolitik fielen 1937 das alte Schwesternhaus in Stuckenbusch oder das Caritashaus in Grullbad zum Opfer. Überflüssig geworden durch die Arbeit der NS-Frauenschaft waren auch die konfessionellen Näh-und Handarbeitsschulen –so lautete, neben angeblich dort aufgedeckten „Missständen“, jedenfalls in Recklinghausen die Begründung zur Aufhebung aller Einrichtungen am 1. April 1939. Der Kanzelprotest der katholischen Geistlichkeit gegen diesen „fadenscheinigen und dazu noch lügnerischen Vorwand“war es wohl nicht, der stillschweigend ab Herbst zur Wiedereröffnung führte. Eher ihr Hinweis, dass bisher noch niemand „mit höherem Erfolg und geringerem Kostenaufwand“diese Arbeit geleistet habe, angesichts der Textilverknappung im Zuge der Kriegswirtschaft wohl das ausschlaggebende Argument. Offenkundig wurde der weltanschauliche Gegensatz zwischen christlicher Caritas und nationalsozialistischem Sozialdarwinismus beim Euthanasie-Programm der NSDAP. Es war Clemens August von Galen, der in seinen berühmten Predigten 1941 die heimliche Mordaktion öffentlich machte und als Verbrechen gegen Gott und die Menschlichkeit anklagte. Und das geschah in Zeiten des Siegesrausches deutscher Armeen. Das mutige Auftreten des Bischofs von Münster und die große Unterstützung, die das Engagement durch zehntausendfach kursierende Abschriften der Predigten erfuhr, führten immerhin zu einem (vorübergehenden) Abbruch der Aktion. „Ein Zeichen des Widerstandes gegen den Ungeist“Dem umfassenden Parteianspruch sollten nach dem Willen des Regierungspräsidenten 1941 auch alle kirchlichen Kindertagesstätten zum Opfer fallen. Wenn dieses Ziel nicht voll verwirklicht werden konnte, so lag das an persönlichen Konstellationen oder am Mangel an qualifizierten Kräften bei der NS-Volkswohlfahrt (NSV). Im Rückblick hielt die Caritas 1966 fest: „Es war sicher auch ein Zeichen des Widerstandes gegen den Ungeist der damaligen Zeit, wenn die Zahl der Pfarrcaritas-Mitglieder trotz der vielen N.S.-Sammlungen nicht wesentlich zurückging und die ambulanten Krankenpflegestationen zum Ärger der braunen Funktionäre mehr in Anspruch genommen wurden als die Hilfen der `braunen Schwestern ́“.
George Möllers